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Wertschätzung oder: die Sache mit der Selbstverständlichkeit

 

Gerade jetzt – in diesen Wochen und Monaten, die geprägt sind von Frust und Ärger, von Unsicherheit und manchmal vielleicht sogar Einsamkeit – gerät so manch einer in eine kleine „Negativ-Spirale“. Wir alle neigen leider dazu, unseren Fokus auf das Negative zu richten, was alles gerade nicht so passt in unserem Leben. Das Gegenstück, was nämlich alles gut läuft, lassen wir dabei völlig außer Acht und sind daher oft unzufrieden oder gar unglücklich.

 

Dass wir den Blick vermehrt auf das Negative in unserem Leben richten, ist jedoch vollkommen normal und ohne Ausnahme tappt jeder Einzelne in diese Falle. Das hat seinen guten Grund, denn unser Gehirn ist schon evolutionsbedingt auf Negatives fokussiert. Überleben hatte schon immer Vorrang vor Glück und Zufriedenheit. Gefahren erkennen ist wichtiger als die Schönheit der Natur wahrzunehmen. Daher sind die Negativtendenzen im Gehirn völlig normal. Das macht uns aber weder glücklich noch zufrieden.

 

Was können wir also tun?  

Unser schlaues Gehirn ist lernfähig. Es lernt durch Wiederholung und Erfahrungen. Und zwar, indem wir bestimmte Dinge immer wieder tun und Gewohnheiten etablieren. Wenn wir also immer wieder die Aufmerksamkeit auf das Positive richten, werden wir irgendwann auch positive Gefühle entwickeln und das führt uns irgendwann zum Glück.

Dankbarkeit und Wertschätzung sind dafür die einfachsten und effektivsten Mittel.

 

Wertschätzung unseres Selbst ist der Kern

Wertschätzung beginnt immer bei uns selbst, denn das ist die Basis für die Wertschätzung von und nach außen. Wir alle sind einzigartig und damit ganz wunderbar, so wie wir sind. Jeder Einzelne verfügt über individuelle Fähigkeiten, Talente und Eigenschaften und genau das gilt es an uns selbst zu schätzen. Auch unseren Körper und das, was wir jeden Tag tun und leisten.

Nur wer sich selbst wertschätzt, weiß, wo seine Grenzen sind und wann er die Hand heben muss, sobald diese überschritten werden. Aus Liebe zu sich selbst. (nochmal nachlesen: Selbstliebe)

Denn auch hier gilt: wie wir uns selbst sehen und annehmen, so sieht uns auch die Außenwelt.

Hierzu passt die tolle Geschichte „Der wahre Wert des Rings“ von Jorge Borcay.

Wer sie nicht kennt: mal kurz googeln und lesen. Lohnt sich wirklich;-)  

 

Sich selbst wertzuschätzen ist auch deshalb als „die Basis“ der gesamten Wertschätzung zu sehen, da wir auch nur so in der Lage sind, anderen gegenüber unsere Wertschätzung auszudrücken. Indem wir jemanden bestärken, lassen wir ihn wachsen. Mit einem niedrigen Selbstwert haben wir jedoch Angst, wir machen ihn damit größer als wir es selbst sind – und behalten damit unsere dankbaren und wertschätzenden Gedanken lieber für uns.

 

Dankbar für die lieben Menschen und das Leben sein

Nichts und niemand ist selbstverständlich. Wir sind es nicht für unsere Mitmenschen und sie sind es für uns ebenso wenig. Leider wird das jedoch oft nicht ganz so wahrgenommen, denn: „Er oder sie ist eben immer da und bemüht sich um mich. Muss ich mir doch keine Mühe geben.“  

Einen anderen Menschen zu schätzen, bedeutet, für ihn da zu sein. Ihm zu sagen und zu zeigen, wie wichtig er für uns ist. Aufmerksam zu sein und sich selbst mal hintenanzustellen.

Gerade in einer Beziehung neigen wir dazu, alles als selbstverständlich anzusehen. Das ist es jedoch nicht. Wir sind leider viel zu oft mit uns selbst beschäftigt, mit unseren vermeintlichen Problemen, dass wir die wichtigen Menschen in unserem Leben nicht richtig wahrnehmen.

Den anderen akzeptieren, dankbar sein, dass er da ist und sich bemühen, dass die gemeinsame Zeit ganz wunderbar wird – das ist der Schlüssel.

 

Ein enorm wichtiger Bereich, den wir leider viel zu oft als selbstverständlich ansehen, ist unser gesamtes Leben und unser Umfeld. Dankbar sein, dafür, dass wir in einem Land geboren wurden und leben, in dem kein Krieg herrscht. Dass wir gesund sind und wenn wir es nicht sind, (meist) Zugang zu besten Medizinern haben. Dass wir sauberes Trinkwasser haben. Einen Job. Ein Dach über dem Kopf. Eine Sozialversicherung. Dass jeder von uns zur Schule gehen konnte und viele von uns sogar ein Studium in ihrem Lebenslauf haben. Dass wir so viele Möglichkeiten haben, unser Glück zu finden. Um die Welt zu reisen und uns (theoretisch) überall niederlassen zu können, wo wir es uns wünschen.

 

Das alles und noch so vieles mehr ist nicht selbstverständlich. Und das sollten wir uns ab und zu mal wieder ins Gedächtnis rufen. Wären wir auch nur in einem anderen Land geboren worden, sähe unser Leben völlig anders aus. Wie viele Menschen gibt es auf der Welt, die nicht genug zum Überleben haben, die nicht zur Schule gehen dürfen, da sie als Kinder schon für die Familie sorgen müssen. Die kilometerweit gehen müssen um überhaupt an Wasser zu kommen.

 

Einfach mal dankbar sein

Jeder hat Tage, die einfach nur beschissen sind. Da hilft auch die Dankbarkeit manchmal wenig. Und wenn wir ehrlich sind, wollen wir ab und an auch mal maulig sein, denn da kann man die Verantwortung für sein Glück mal kurz abgeben.

Dennoch sollten wir schauen, dass sich dieser Zustand auf wenige Tage begrenzt und wir dann wieder versuchen, unseren Fokus neu auszurichten. Raus zu zoomen von den Problemen und das gesamte Bild zu betrachten. Mit all seinen Facetten. Uns bewusst zu machen, was wir alles in unserem Leben haben. Dafür dankbar sein und es wertschätzen.

 

Wir sollten uns jeden Tag folgende Fragen stellen:

  • Für was kann ich dankbar sein in meinem Leben?  
  • Für welche Erlebnisse und Ereignisse?  
  • Was ist mir in meinem Leben schon Tolles passiert?
  • Für welche Begegnungen bin ich dankbar?  
  • Wer hat mein Leben bisher bereichert?  

Es sind nicht die beruflichen Erfolge oder der Besitz, sondern es sind die Menschen, denen wir begegnen.

Wann habe ich diese Dankbarkeit meinen Lieben gegenüber zum letzten Mal gezeigt? Dann wird’s vielleicht mal wieder Zeit, von Herzen DANKE zu sagen ;-)  

 

Auch ich sollte mir viel öfter bewusstmachen, welch tolle Menschen ich in meinem Leben habe. Dankbar sein für meinen Job und meine so coolen Kollegen. Für all meine Freiheiten, die ich habe, machen zu können, wonach mir gerade ist. Zu verreisen, wann ich es will, am Wochenende auszuschlafen oder einfach auch mal nichts tun. Für all die wunderbaren Momente und Erlebnisse, die ich in meinem Leben schon hatte. Und für all die Begegnungen mit Menschen, die ich vielleicht inzwischen auch aus den Augen verloren habe.    

 

 

Kommentare: 1
  • #1

    Stefanie Mechler (Montag, 07 Dezember 2020)

    Ich kam heute endlich zum Lesen.
    Wieder ein wunderschöner Text,der es auf den Punkt bringt.
    Die Fragen fand ich perfekt.Gerade an Tagen ,an den einiges schief gelaufen ist sollte man sich genau das fragen .
    Ich versuche auch gerade mir immer solche Dinge aufzuschreiben.
    Danach fühlt man sich richtig gut und ein noch so grauer Tag bekommt wieder ein bisschen Farbe zurück.
    Freu mich schon auf den nächsten Text liebe Sandra.
    Viele liebe Grüße!