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Ungewissheit: Wie wir mit ihr leben können

 

Schon Benjamin Franklin schrieb: „Nichts in dieser Welt ist sicher außer dem Tod und den Steuern.“ Gut, den Steuern könnten wir uns irgendwie illegalerweise entziehen, aber der Tod...nun ja, der wird früher oder später an die Tür klopfen. Das ist „gewiss“.  Alles andere bleibt offen. Egal ob die berufliche Zukunft, die Beziehung zum Partner oder auch gesellschaftliche oder politische Themen: Ungewissheit ist allgegenwärtig. Gerade jetzt, zu Corona-Zeiten...wir alle wissen nicht, wann und ob überhaupt Normalität in unseren Alltag zurückkehren wird.

Und genau das ist für viele von uns unerträglich. Nicht zu wissen, den Ausgang nicht zu kennen – das bereitet uns Sorgen und führt oft auch zu Ängsten. In einigen Fällen kann es sogar krankmachen, wenn man beispielsweise nicht mehr schlafen kann. Und leider führt Ungewissheit oft auch zu Misstrauen und letztenendes zu Unzufriedenheit.  

 

Zwar leben wir hier in Deutschland und haben damit relativ sichere Bedingungen mit Versicherungen, Kündigungsschutz, Rentenmodellen, Regeln und Strukturen. Aber es gibt eben auch Phasen großer Ungewissheit im Leben.  

 

Was ist Ungewissheit?

Per Definition ist Ungewissheit ein Zustand, in dem mögliche Auswirkungen zwar bekannt sind, wir jedoch nicht wissen mit welcher Wahrscheinlichkeit diese auch eintreten werden. „Es könnte regnen“. Ungewissheit ist neben Risiko und Unwissen Teil der Unsicherheit, für die keine Wahrscheinlichkeiten vorliegen.

Viele von uns können mit diesem Zustand eher schwer umgehen und reagieren daher im ersten Schritt mit Sorgen. Einfach aus dem Grund, damit sie auch vorbereitet sind, falls etwas eintreffen sollte. Manche dieser Sorgen sind auch gesund – etwa dann, wenn wir uns mit einem realistischen Problem oder Szenario auseinandersetzen und damit auch über etwaige Lösungen nachdenken. Diese Art von Sorgen können uns sogar motivieren Anders jedoch, wenn wir permanent damit beschäftigt sind, uns Schreckensszenarien auszumalen und was alles Schlimmes geschehen könnte - also Zukunftsängste und Spekulationen auf Basis von Gefühlen. Hier spricht man von einer Angststörung.  

 

Exkurs:

Angst hat natürlich auch ihre Berechtigung. Sie ist eine Emotion, die unser Überleben sichern und uns schützen soll. In der Evolution gehen Emotionen vor bewusster rationaler Bewertung. Genau aus diesem Grund können jedoch Emotionen auch unsere bewussten Prozesse hemmen und einschränken. Wir sprechen daher auch oft von: gelähmt vor Angst.  

 

Warum können wir Ungewissheit so schwer aushalten?

Wir Menschen haben ein grundlegendes Bedürfnis nach Ordnung, Struktur, Tatsachen und Fakten und natürlich einer sicheren Welt. Wir lieben (zumindest die Mehrheit von uns) Routinen und Gewohnheiten. Denn so bekommen wir Sicherheit, da es wird für uns planbar und vorhersehbar wird. Wir erlangen dadurch die Kontrolle über unser Leben und die Situation.

Daher kommt uns Ungewissheit nicht so gut gelegen. Durch sie wird uns klar: wir können nicht immer alles beeinflussen, wissen nicht wie und wann es weitergeht und müssen sogar die Kontrolle ganz abgeben. Für etwas kontroll-verliebtere Menschen unter uns ist das ein Alptraum, denn es führt zu chronischer Unzufriedenheit. Daher ist die Devise oft: Lieber alles so belassen, wie es ist (auch wenn es bescheiden ist), als etwas neues, Unbekanntes versuchen und uns damit der Ungewissheit auszuliefern. Dies ist oft der Grund, warum wir stagnieren in unserer Entwicklung. Immer bleiben, wo wir sind und unsere Komfortzone nur im Notfall verlassen.  

 

Lernen mit der Ungewissheit zu leben

Menschen gehen unterschiedlich mit Ungewissheit um. Während sich die einen sagen: Ich lass das auf mich zukommen, bin gespannt, was passiert und bin offen, erleben andere große Angst, da sie eben keine Kontrolle haben. Kein Wissen, wie es ausgeht.

Wie so oft, ist auch hier der Schlüssel, um mit Ungewissheiten umzugehen, das Loslassen. Das geht jedoch nur, wenn wir vertrauen, zuversichtlich sind und realistischen Optimismus.  Und das können wir lernen.  

  • Akzeptieren, dass es so ist

Niemand kann in die Zukunft sehen. Dennoch sollten wir eigenverantwortlich handeln. Von vornerein vielleicht drüber nachdenken, was wir tun und ggf. einen Alternativplan im Hinterkopf haben.  

  • Raus aus der Komfortzone

Wenn wir uns aus unserer Bubble herauswagen, merken wir meist recht schnell, dass die Ungewissheit gar nicht so schlimm ist, wie wir es uns ausgemalt haben. Oft ist sogar das Gegenteil der Fall: es ist besser als der vorige „Zustand“.

  • Einfach machen

Ohne lange nachzudenken, sollten wir ab und zu einfach mal machen. Nicht ewig hin und her überlegen, die Faktenlage betrachten und abwägen. Nein. Einfach ins kalte Wasser springen und schauen was passiert. Ganz spontan aus dem Bauch heraus entscheiden.  

 

Durch diese Schritte lernen wir, dass Ungewissheit oft überhaupt nicht schlimm ist. Von Mal zu Mal wird sich damit Vertrauen und Zuversicht aufbauen.  

Ein kleiner Ansatz, wenn sich Sorgen oder gar Angst breitmachen und die Ungewissheit uns schier um den Verstand bringt:  

Frage Dich: Was kann im schlimmsten Fall geschehen? Was wäre mein persönliches Worst-Case-Szenario? Und im Anschluss: Welche Möglichkeiten hätte ich, um aus diesem Szenario wieder rauszukommen? Welche Menschen können mir helfen? Welche meiner persönlichen Stärken können mir hier nützlich sein? Und gegebenenfalls: Könnte dieses (für mich heute) Worst-Case-Szenario auch was Gutes haben? Welche Veränderungen positiver Art würde es mit sich bringen.

 

Damit beschäftigen wir uns mit den Befürchtungen und können versuchen konkret nachzuvollziehen, was für ein Gefühl das ist. Wir erfahren, welche Möglichkeiten es gibt und wir bekommen das Gefühl der Kontrolle zurück.

Bestimmte Dinge können wir immer beeinflussen – nämlich unsere Einstellung und unser Handeln.  

 

Leben im Hier und Jetzt

Ungewissheit hat durchaus auch etwas Positives. Manchmal möchten wir nämlich unsere Bedürfnisse nicht unmittelbar befriedigt bekommen. Wir suchen die Spannung, das Abenteuer. Warum begeben wir uns sonst auch freiwillig aus unserer Komfortzone indem wir Herausforderungen suchen? Wir möchten wachsen. Grenzen testen und manchmal auch überschreiten. Fallen, um wieder aufzustehen.  

Wichtig ist wie immer: das Konzentrieren auf das Hier und Jetzt. Was gestern war, ist geschehen und nicht mehr zu ändern. Und was morgen sein wird? Who knows!  Wie der Dalai Lama so schön gesagt haben soll: „Es gibt nur zwei Tage im Jahr, an denen man nichts tun kann. Der eine ist gestern, der andere morgen.“  Wir alle können lernen, mit Ungewissheit zu leben. Sie zu akzeptieren heißt, sich auf die aktuelle Situation zu konzentrieren. Wir selbst haben es in der Hand und können auf uns achten und das Leben selbstbestimmt leben.  

 

 

Foto:  

Jakob Owens via Unsplash    

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