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Selbstsabotage: Warum wir uns oft selbst im Weg stehen

 

Jeder kennt sie: Situationen, in denen wir uns einfach nur dämlich verhalten und uns später fragen: „Ehm, was war denn da los? Welcher Teufel hat mich denn da geritten, dass ich mich so verhalten habe?“

Wir schlagen einen tollen Menschen durch unser Gemaule oder Desinteresse in die Flucht oder lassen unglaubliche Jobchancen vorbeiziehen, da es gerade nicht so gut passt. Wir suchen irgendwelche fadenscheinigen Ausreden um unser Verhalten zu rechtfertigen.

Es sieht nämlich so aus: wir stehen uns gern mal selbst im Weg. In der Psychologie spricht man hier von Selbstsabotage. Wir verhindern aktiv das Erreichen oder Realisieren bestimmter Ziele und Wünsche. Und das tun wir alle. Jeden Tag. In allen Bereichen unseres Lebens. Der eine mehr, der andere weniger.

Aber warum tun wir das? Und was haben wir davon, wenn wir uns selbst sabotieren?

 

Bewusste oder unbewusste Sabotage der eigenen Verwirklichung

Selbstsabotage (oder auch Selbstbehinderung) bedeutet, dass wir unsere eigenen Ziele, Bedürfnisse oder Werte bewusst oder unbewusst untergraben - sie also so „manipulieren“, dass wir sie nicht erreichen (können).

 

Bewusste Selbstsabotage

Wie das Wort bewusst schon erahnen lässt, haben wir es hier mit vorsätzlichen Entscheidungen zu tun. Also Entscheidungen, die uns an unser Ziel bringen oder eben nicht. Wir nehmen damit mögliche Konsequenzen bewusst in Kauf, die das Entscheiden für die eine Option mit sich bringt.

Bspw. entscheiden wir uns für den Burger obwohl unser Ziel „eigentlich“ ist, gesünder zu leben und abzunehmen. Oder wir liegen lieber mit Netflix auf der Couch, statt uns in die Laufschuhe zu schmeissen. Wir sind uns also bewusst, dass B zwar besser für uns ist, entscheiden uns dennoch für A, weil bequemer und sicherer - und leben mit den Konsequenzen (vielleicht in Form des schlechten Gewissens oder der zwickenden Hose).

 

Unbewusste Selbstsabotage  

Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch vieles, das wir unterbewusst entscheiden und uns dementsprechend auch verhalten. Wir lernen aus Prägungen und früheren Erfahrungen und speichern bestimmte Verhaltensweisen ab, die uns irgendwann mal in der Vergangenheit dienlich waren. Und dessen sind wir uns eben oft nicht bewusst.

Wir sabotieren so beispielsweise unsere Beziehungen oder suchen uns immer wieder die gleichen Herausforderungen – egal ob sie uns gut tun oder nicht. Aber abgespeichert ist eben abgespeichert.

 

Zu den häufigsten selbstsabotierenden Verhaltensweisen gehören Prokrastination, ständiges Grübeln, die Unfähigkeit Entscheidungen zu treffen, Übermäßiger Alkohol- oder Drogenkonsum, Bequemlichkeitsessen und in Extremfällen diverse Formen der Selbstverletzung. All dies vor dem Hintergrund, dass wir uns dadurch „sicher“ fühlen, da es uns bekannt ist.

 

Wie wir uns selbst sabotieren

Ich habe hier ein paar Arten von Selbstsabotage zusammengefasst, die dem ein oder anderen vielleicht auch bekannt vorkommen:

 

  • Self-handicapping  

Hier bauen Betroffene aktiv Hindernisse auf um die eigenen Ziele zu konterkarieren. Sei es im Privaten oder auch im Job: es gibt immer eine Ausrede – meist im Äußeren, die das vermeintliches Misslingen rechtfertigen.

Bspw. wenn jemand vor einer wichtigen Prüfung nochmal ordentlich feiern geht um dann später sagen zu können „Puh, ich hatte aber auch echt ´nen fiesen Kater, war ja klar dass das nix wird“.  Ein Misserfolg kann so auf diese eingebauten Hindernisse geschoben werden, da es sonst als komplettes Versagen der eigenen Person angesehen würde.

Dahinter steckt einzig und alleine der Schutz des Selbstwertes.  Genau dort ist auch anzusetzen, wenn diese Verhaltensweise durchbrochen werden soll: beim Stärken des Selbstwertes.

Hier gibt es unzählige Tools (oder ist vielleicht auch mal einen gesonderten Artikel wert), die helfen, den eigenen Wert zu erkennen und ihn step by step zu stärken.

 

  • Minderleisten oder Underachievment  

Bei dieser Art der Selbstsabotage bleiben die Betroffenen weit unter dem, was sie eigentlich können und begrenzen sich damit selbst in unserer Entwicklung. Sie suchen keine Herausforderungen, Jobs oder auch Lebenswege, die ihren Fähigkeiten entsprechen. Sie setzen keine oder vollkommen utopische Ziele, von denen es klar ist, dass sie an ihnen scheitern „müssen“, da einfach nicht realistisch.

Der Schutz des Selbstwertes ist auch in diesem Fall der Treiber. Wer keine oder eben unrealistische Ziele setzt, wird nämlich auch nicht daran gemessen. Aus Angst vorm Scheitern oder eben davor, auch mal einen Fehler zu machen.

Auch hier ist ein Ansatz, den Selbstwert zu stärken. Außerdem zu lernen, wie wertvoll es ist, sich Ziele zu setzen, die realistisch sind und zu einem passen. Und dann natürlich beim Erreichen der Ziele: Erfolge und sich selbst abfeiern :-)

 

  • Hochstaplersyndrom (impostor Syndrom)  

Dieses Phänomen betrifft so wahnsinnig viele Menschen (leider vermehrt Frauen!). Intelligente Menschen, die eine unglaubliche Karriere hingelegt haben, die höchste Abschlüsse vorweisen und Leistungen abliefern, die von anderen als unglaublich kompetent wahrgenommen werden. Diese Menschen sehen sich jedoch vollkommen anders. sie zweifeln an sich, sind der Meinung, dass sie nichts können und dass sie dort wo sie heute sind nur zufällig gelandet sind.

Getrieben von Unsicherheit und ihrer größten Angst, "dass irgendwann rauskommen wird, dass ich eigentlich nichts kann", gehen sie mit Perfektionismus durchs Leben und sind dadurch innerlich oft gestresst. Aus diesem Grund sabotieren sich diese Menschen häufig selbst – um aus dieser Belastung rauszukommen. Sie nehmen keine höheren Positionen an, sind schlecht in Gehaltsverhandlungen und möchten auch keine Führung übernehmen oder Projekte in den sie sich selbst auch beweisen könnten (da zu viel Aufmerksamkeit)  Daher stagnieren sie irgendwann und hören auf sich weiterzuentwickeln.

Eine Möglichkeit um aus diesem Teufelskreis rauszukommen (neben Tools um den eigenen Selbstwert zu stärken), könnten Feedbacks sein. Von Kollegen oder Vorgesetzten bekommt man auf diese Weise gespiegelt, wie man wahrgenommen wird und wie wichtig die eigene Leistung für das Gelingen des Ganzen ist.

Außerdem: Erfolge benennen. Vielleicht ein kleines Tagebuch führen. So bekommt man mit der Zeit auch immer mehr das Gefühl der Selbstwirksamkeit.  

 

  • Unbewusste Loyalitäten

Vielen Menschen fällt es schwer, glückliche Momente zuzulassen oder sich auf eine erfüllte Beziehung einzulassen. Sie denken, sie haben das nicht verdient, denn die vorigen Generationen konnten das oft auch nicht so leben (und haben das vielleicht auch so benannt).  Sie haben es oftmals nicht vorgelebt bekommen, wie es ist, einfach nur zu genießen oder in einer Beziehung liebevoll miteinander umzugehen, gleichberechtigt und auf Augenhöhe seine Bedürfnisse anzusprechen und sie auch erfüllt zu bekommen.
Daher sabotieren sie diese Art von Beziehungen zunehmend und lassen sich lieber auf „schwierige“ oder „nicht wertschätzende“ Partner ein, da sie denken, sie haben es nicht anders verdient oder es muss einfach so sein.

 

Wie man unschwer erkennen kann: alle haben eines gemeinsam - den Selbstwert. Dieser ist die Basis von so vielem in unserem Leben. Daher lohnt es sich, sich mit Prägungen aus der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Wie wurde mir xy vorgelebt? Was musste ich vielleicht als Kind eher unterdrücken, da nicht gerne gesehen?

Wir alle sind davon beeinflusst, was in unseren Familien vorgelebt wurde – im Verhalten und Erleben. Wenn wir erkennen, was unsere Prägungen sind und woher bestimmte Muster kommen, können wir gezielt daran arbeiten und diese Muster irgendwann auch auflösen.

Dabei ist es wichtig, zu verstehen, dass es sich um über die Jahre manifestierte Denkmuster und Verhaltensweisen handelt, die auch alle ihre Daseinsberechtigung hatten – und eben auch in der ein oder anderen Situation hervorragend funktioniert haben. Diese abzulegen und loszulassen, erfordert viel Mut zur Selbstreflektion und Geduld.

 

Wie erkenne ich Selbstsabotage?  

Wir alle sabotieren uns jeden Tag selbst. Es gehört einfach zum Leben dazu. Ein guter erster Schritt um das ein wenig zu reduzieren und uns damit selbst zu verwirklichen ist jedoch, seine Wünsche und Ziele mal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Warum möchte ich sportlicher und gesünder leben? Will ich damit wirklich selbst fit bleiben und vielleicht abnehmen oder einfach von meiner Außenwelt Anerkennung bekommen? Schiebe ich Aufgaben wirklich vor mir her weil sie mir keinen Spaß machen oder weil ich Angst vor Reaktionen dazu habe?  

 

Daher: Erkenne das Bedürfnis, das der Sabotage zugrunde liegt.

Sobald die Auslöser identifiziert sind, können wir schauen wie wir uns „passender“ verhalten – und uns selbst etwas weniger im Weg zu stehen.      

 

 

Foto:  

Abbie Bernet via unsplash  

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