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Schubladendenken: Wie wir lernen können umzudenken

Vorurteile und Klischees sind allgegenwärtig

Ich ertappe mich oft selbst dabei: ich begegne Jemandem und beurteile diese Person aufgrund des ersten Eindrucks – Kleidung, Sprache, Beruf etc. Ich hinterfrage diesen Eindruck überhaupt nicht und stecke die Person direkt in eine imaginäre Schublade. Einige unter Euch kennen es sicher auch und sind dabei selbst sowohl „Täter“ als auch „Opfer“ zugleich: wir werten und urteilen genauso wie wir selbst bewertet und beurteilt werden. Dies tun wir im Alltag ständig – sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld. Das geht aber auch weit über einen persönlichen ersten Eindruck hinaus: gewisse Vorurteile in Bezug auf Geschlecht, Alter, Herkunft, Religion sind allgegenwärtig.

Eigentlich sind wir doch heute allesamt aufgeklärt: eine Benachteiligung aufgrund gewisser Merkmale schickt sich offiziell nicht wirklich. Und trotzdem sind Vorurteile und Klischees in unseren Köpfen verankert – wenn auch unbewusst.  

 

Ein offensichtliches Thema betrifft nach wie vor Frauen im Job – und das im Jahre 2018. Ich selbst habe es gemerkt als ich vor 3 Jahren auf Jobsuche war.  

Weiblich, damals Mitte 30 und somit in den besten Jahren, um in die Familienplanung zu gehen. Zieht ein Arbeitgeber hier nicht lieber den „Sicherheits-Joker“ und sucht sich jemanden, der nicht in dieses Schema passt?

Und vielleicht zum Thema Stellenbesetzung aus einer anderen Perspektive: Wenn wir jemanden für unser Team suchen, suchen wir auch immer jemanden wie wir selbst sind. Macht das Sinn? Brauche ich jemanden, der ist wie ich? Wäre es nicht schlauer, jemanden einzustellen, der genau anders ist? Der vielleicht auch einen komplett anderen Lebenslauf hat? Ist die Motivation für einen Job nicht wichtiger als sämtliche Merkmale wie oben beschrieben?  

 

Woher kommen diese Denkmuster?

Diese Eindrücke, Klischees oder auch Vorurteile nennt man in der Wissenschaft unconscious bias. Wie schon erwähnt, stecken sie in jedem von uns – eben unbewusst. Sie haben theoretisch auch einen Grund, denn sie unterstützen uns im alltäglichen Leben und geben uns Orientierung. Sämtliche Einschätzungen und Entscheidungen, die wir täglich treffen, werden durch unser Unterbewusstsein beeinflusst. Wir denken nämlich nicht immer logisch, denn das wäre auch viel zu viel und vor allem zu anstrengend. Also entlasten wir unser Gehirn unbewusst mit Automatismen - wie eben durch solche Vorurteile und Klischees, welche wir teilweise Jahrelang schon in uns tragen. Ist ja auch praktisch, oder? Sonst müssten wir ja noch mehr denken.  

 

Allerdings sollten wir uns fragen, ob uns diese Automatismen irgendwann eher bremsen anstatt uns zu entlasten. Unsere unbewussten Denkmuster sind oft alles andere als fair, wenn wir sie mal näher betrachten. Aufgrund eines Merkmals werten wir, öffnen die imaginäre Schublade, stecken die Person hinein und dort bleibt sie erst mal. Wir verschließen uns dadurch vor Neuem und Unbekanntem – teils auch zum Selbstschutz.  Es ist daher aber umso wichtiger, dass wir diese Muster einmal genauer anschauen und sie uns bewusst machen - die sogenannten Schubladen im Kopf mal öffnen und vielleicht hinterfragen:

Hat das denn Bestand? Ist meine Einschätzung begründet? Warum ist der Mensch mir denn hier unsympathisch? Weil er anders ist? Weil er wo anders herkommt? Eine andere Glaubensrichtung hat? Eine andere Sexualität lebt? Ein völlig anderes Lebenskonzept hat als mein Eigenes?  

 

Bewusst werden und dadurch offen für Neues sein

„Aber mein erster Eindruck hat mich noch nie getäuscht“, würden Einige an dieser Stelle nun entgegnen. Das mag oftmals auch richtig sein und sicher sollte man sich auch auf seine Intuition verlassen.  

Ist aber dieses infrage stellen und sich bewusst machen nicht auch eine Art der Wertschätzung Anderen gegenüber? Hat es nicht auch etwas mit Mitmenschlichkeit und Offenheit zu tun?  

Aber wie schafft man das?

Wie kann man mit unbewussten Denkmustern umgehen?

 

Hier ein paar Tipps:  

 

1. Annehmen, was ist:

Nimm die Tatsache an, dass wir alle diese Denkmuster haben. Wirklich alle. Hier muss sich niemand schuldig fühlen.

2. Genauer hinschauen:

Beobachte, wann Du auf solche Denkmuster zurückgreifst. Gibt es bestimmte Situationen, bestimmte Menschen, bei denen Du hier öfter in die „Falle“ trittst als bei anderen?

3. Spurensuche:

Finde heraus, woher diese Denkmuster kommen. Durch die Gesellschaft? Hast Du sie von Deinen Eltern übernommen? Wie beeinflussen sie Dich in Deinem Handeln und in Deinem Alltag?

4. Über den Tellerrand schauen:

Auch Neues zulassen und den Blickwinkel erweitern. Gab es vielleicht auch schon Situationen oder Menschen in Deinem Leben, in denen Du Deine Denkmuster ignoriert hast und dadurch positiv überrascht wurdest?

5. Mehr auf Fakten vertrauen:

Lerne aufgrund von Fakten zu urteilen. Intuition ist wichtig, aber oftmals werden wir durch Denkmuster oder Meinungen von Anderen beeinflusst. Also erst mal realistisch abwägen heißt hier die Devise.  

 

Nur indem wir anfangen, uns selbst und unsere Denkmuster zu hinterfragen können wir die Welt neu entdecken und langfristig unser Denken (und später auch Handeln) verändern. Wir können Chancen auf Neues nutzen und unglaublich Schönes dadurch entdecken und kennenlernen.  

Ich bin auf ein sehr schönes Video zu diesem Thema gestoßen, welches mich sehr berührt hat:

https://www.youtube.com/watch?v=i1AjvFjVXUg  

 

In diesem Sinne:

Werdet Euch bewusst, wie ihr über andere Menschen denkt und warum -und versucht es in kleinen Schritten zu ändern.

„Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir wünschst für diese Welt.“  Das hat schon Mahatma Gandhi gesagt. Weshalb nicht direkt heute bei sich selbst anfangen?    

 

 

P.S. Für alle, die sich einmal selbst testen wollen, gibt es hier einen Test (allerdings in englischer Sprache).   https://implicit.harvard.edu/implicit/takeatest.html  

 

Die Geschichte zum Bild:

Das Bild wurde in einer meiner allerliebsten Bars in Stuttgart aufgenommen. Ich musste wirklich schmunzeln, als ich diese Toilettentüren zum ersten Mal gesehen habe. Schönes Klischee: wir Frauen quatschen und quatschen und quatschen. Angeblich sprechen Frauen deutlich mehr als Männer – so der allgemeine Mythos.  Jedoch wurde dies schon in mehreren Studien belegt: Wir sprechen gleichviel (oder wenig).

Noch Fragen? ;-) 

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