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Gedankenkarussell: Wie wir aus dem Grübeln rauskommen können

 

Es gibt Gedanken, die kommen immer wieder. Bestimmte Situationen – ob vergangen oder noch gar nicht eingetroffen - denken wir hoch und runter und spinnen sie immer weiter. Objektiv betrachtet, oft in den wildesten Ausmaßen. Wir begeben uns in eine Endlosschleife, die es uns unmöglich macht, zu einer Lösung zu kommen. Das raubt uns nicht selten den Schlaf oder vermiest uns schlichtweg einfach auch die Laune. Zack: der Tag ist gelaufen.

In der Psychologie wird dies als Rumination (engl. für grübeln) bezeichnet. Die ständige Wiederholung der immer gleichen Fragen, ohne dass sie zu einem Abschluss kommen. Ein anderer Begriff, der uns allen geläufig ist: Gedankenkarussell.

Viele kennen sicher die berühmte Hammer-Geschichte des Psychologen Paul Watzlawik:

 

Ein Mann möchte in Bild aufhängen, doch um den Nagel in die Wand zu schlagen, fehlt ihm ein Hammer. Er weiß allerdings, dass sein Nachbar einen Hammer hat, also beschließt er, diesen zu fragen.

Bevor es sich auf den Weg macht, setzt sich das Gedankenkarussell in seinem Kopf in Gang: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer gar nicht ausleihen möchte? Mir ist schon gestern aufgefallen, dass er mich nur beiläufig gegrüßt hat, vielleicht kann er mich gar nicht leiden. Warum kann er mich denn nicht leiden, ich habe ihm doch gar nichts getan! Was bildet er sich überhaupt ein, mich so zu behandeln, schließlich behandle ich ihn doch immer zuvorkommend!

Völlig aufgebracht stürmt der Mann zu seinem Nachbarn, klingelt an seiner Tür und als dieser öffnet schreit er: "Behalten Sie Ihren Hammer!" 

 

Diese Geschichte zeigt sehr schön, was passiert, wenn wir uns in unser Gedankenkarussell einsteigen: Das eigentliche Problem rückt in weite Ferne und wir schaffen uns neue Probleme. Wir suchen keine Lösung, sondern verstricken uns mehr und mehr, tiefer und tiefer ins Unglück.

 

Folgen der Gedankenspirale

Dass wir versuchen sollten, diese Gedanken zu stoppen, ist naheliegend, denn auf Dauer ziehen diese Denkmuster schwere Folgen mit sich:  

Neigen wir zu depressiven Verstimmungen, werden wir durch die negativen Gedankenspiralen noch weiter in diesem Zustand gehalten. Es wird damit noch schwerer aus dem Tief herauszukommen. Befinden wir uns in einem Gedankenkarussell, schätzen wir uns außerdem selbst und unsere Fähigkeiten negativer ein und neigen daher zu völlig übertriebener Selbstkritik. Zudem sind Gedankenspiralen extreme Stressfaktoren. Menschen, die permanent grübeln haben eine höhere Ausschüttung des krankmachenden Hormons Cortisol. Und das macht auf Dauer krank und kann zu Arbeitsunfähigkeit und Burnout führen.

 

Was können wir tun, um das Gedankenkarussell zu stoppen?

Zu behaupten, die auftretenden Gedanken komplett verschwinden zu lassen, wäre gelogen. Dennoch gibt es ein paar kleine Tools, die helfen können, das Karussell zu verlangsamen oder mal kurz auszusteigen.

 

  • Tun, was man liebt

Bekanntermaßen beeinflussen unsere Gedanken unsere Gefühle. Sowohl positiv als auch negativ. Wenn wir uns also ständig Sorgen machen, werden wir ängstlich.  Umgekehrt können wir jedoch auch für positive Gefühle sorgen, indem wir Dinge tun, die uns Spaß machen. Ob zum Yoga gehen, laufen, den Lieblingsfilm zum 20. Mal schauen, mit der Freundin auf einen Kaffee treffen, tolle Musik hören – all das sorgt dafür, dass sich unsere Stimmung bessert. Wir sind (zumindest eine Zeit lang) von unseren Sorgen abgelenkt und können Dinge mit etwas Abstand und Klarheit betrachten.

Auch interessant: Singen bringt unseren Körper wieder ins Gleichgewicht. Sobald wir unsere Stimme kreativ nutzen, werden unsere Gehirnhälften zum Zusammenspiel „gezwungen“. In dieser Zeit ist es unmöglich für den Körper, Angstgefühle zu produzieren. Ist das nicht cool? Wer also gerne singt: mehr davon!

  • Aufschreiben

Eine sehr effektive Methode, um seine Gedanken aus dem Kopf zu bekommen (gerade nachts!): Papier und Stift nehmen und die Gedanken groß und deutlich aufschreiben. In unserem Gedankenkarussell tauchen nach und nach meist noch weitere Passagiere auf, die wir ebenfalls aufschreiben – alles was uns im Kopf rumspukt und immer wiederkehrt.

Wird so vielleicht eine Verbindung zwischen den einzelnen Punkten deutlich? Gibt es für jeden einzelnen der Punkte vielleicht sogar einen Lösungsansatz, der dann zur Lösung des Gesamten führen könnte? Wir sehen durch Visualisierung viel mehr, als wenn wir die Gedanken weiterhin nur im Kopf behalten.  

  • Gegenargumente finden  

Wem Glaubenssätze ein Begriff sind und wie man diese auflösen kann, für den wird dies ein Leichtes sein: Wir können versuchen, immer wiederkehrende Sorgen und Ängste mit Gegenargumenten auszuhebeln.

Fragen wie: Ist das wirklich so? Kann ich zu 100 % sicher sein, dass das so ist (oder sein wird)? Falls nein, was spricht gegen unsere Sorge? Können wir so vielleicht feststellen, dass es nur ein Gedankenkonstrukt ist und unsere Ängste und Sorgen völlig irrational und unrealistisch sind?

Wir können so unseren Verstand wieder mehr aktivieren.  

  • In Szenarien denken

Wovor haben wir Angst? Worüber sorgen wir uns? Was ist das Schlimmste was in der Situation passieren kann? Und wenn das eintreffen würde, würde die Welt untergehen? Was könnten wir in der Situation tun oder wer könnte uns helfen, um wieder rauszukommen? Waren wir nicht alle schon in Situationen die echt bescheiden waren? Sind das nicht sogar die Momente im Leben, in denen wir über uns hinauswachsen? Wie sind wir aus der letzten Krise rausgegangen? Was hat uns dabei geholfen? Haben wir nicht schon die für uns schwierigsten Situationen und Phasen gemeistert?

  • Hinterfragen

Wenn wir genauer hinschauen, wie wir in Gedankenspiralen denken, stellen wir fest, dass es meist Warum-Fragen sind. Warum war ich zu meinem Kollegen so fies? Warum bin ich nur so unglücklich? Warum bin ich nicht selbstbewusster? Und so weiter.... Das blöde ist nur: unser Gehirn ist darauf ausgelegt, immer Antworten finde zu wollen. Sprich: es ist bei Warum-Fragen immer in Aktion, um sich Antworten zu suchen, welche jedoch meist zu keiner Lösung führen. Somit ist der Startschuss für die Endlosschleife gefallen.

Stattdessen können wir über Wie- oder Was-Fragen unser Gehirn auf eine Frage konzentrieren und es so auf Lösungssuche begeben. Die Gedanken werden dadurch zielgerichteter. Was will ich? Was kann ich tun, um das Ziel zu erreichen? Was bedeutet diese Situation für mich?

 

  • Meditation

Meditation ist eine tolle Methode um sein Gedankenchaos im Kopf zu verlangsamen oder gar anzuhalten. Es geht hierbei nicht darum, nichts zu denken, sondern unsere Gedanken umzulenken zu einem einzigen Gedanken. Indem wir uns auf den Atem, ein Wort, den Körper oder ein Objekt konzentrieren, haben unsere „bösen“ Gedanken keine Chance mehr. Natürlich werden diese immer wieder auftauchen, das ist auch nicht schlimm. Wichtig ist nur, dass man den Gedanken (oder auch sich selbst) in dem Moment nicht wertet. Den Gedanken wahrnehmen und den Fokus wieder auf das Meditationsobjekt richten.

Je öfter wir das üben (am besten täglich) umso ruhiger werden wir mit der Zeit. Dass das erwiesen ist, muss ich nicht mehr erwähnen, oder?

  • Achtsamkeit

Auch der Begriff Achtsamkeit ist derzeit quasi omnipräsent. Ob in Unternehmen oder Krankenkassen, Buchläden sind voll von Büchern zum Thema. Warum? Weil wir durch Achtsamkeit Gelassenheit und Entspannung für uns schaffen. Wir lernen, den Geist zu beobachten und auftauchende Gedanken einfach nur wahrzunehmen – ohne Wertung. Wir schaffen dadurch eine gewisse Distanz zu unseren Emotionen, denn ein Teil unseres Geistes wird so zum stillen Beobachter. Gefühle und Gedanken werden dadurch natürlich nicht weniger. Jedoch lernen wir, uns besser zu verstehen. Erkennen Muster und können negativen Gedanken entgegensteuern. Wenn wir uns auf rationaler Ebene bewusst werden, dass die Ängste und Sorgen unbegründet sind, lernen wir loszulassen. 

 

Das Meiste wird niemals eintreffen

Wir denken so oft über Dinge nach, die entweder in der Vergangenheit liegen und daher nicht mehr zu ändern sind, oder die noch nicht eingetreten sind – also Sorgen um die Zukunft. Diese existiert aber noch nicht. Dazu habe ich ein Schaubild gefunden, was ich supergut finde. Wir machen uns so viele Sorgen um Dinge, die niemals eintreten, da sie völlig unrealistisch sind. Und selbst vom halbwegs Realistischen tritt nur ein Minimum ein. Sollten wir uns immer wieder mal bewusst werden. 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Madeleine (Donnerstag, 07 Mai 2020 15:47)

    Super gut geschrieben, gerade zur aktuellen Zeit so passend und hilfreich! <3