Kennen wir das nicht alle? Situationen, in denen wir denken: „Das schaff ich doch eh nicht.“ Wir fühlen uns ohnmächtig, hilflos, machtlos, abhängig von Entscheidungen anderer, immer in der Warteposition, nicht selbst am Steuer, sondern eher auf dem Beifahrersitz?
Viele von uns schleppen sogenannte Glaubenssätze mit sich herum, die aus der frühen Kindheit stammen. Sätze wie: „Ich kann eh nichts bewirken.“, „Egal, was ich tue, es bringt nichts.“, „Ich werde das niemals schaffen.“, „Ich bin machtlos.“, „Ich bin ausgeliefert.“ oder „Ich kann mich nicht wehren.“
Wir geben damit die Kontrolle über unser Leben an das Glück, das Schicksal, an alle anderen Menschen ab - denn wir erkennen nicht, dass unser Handeln selbst etwas bewirken kann.
Dass dies unsere Entscheidungen, unsere Ziele, ja, unser ganzes Leben beeinflusst, dessen sind wir uns oft nicht bewusst. Um ins Handeln zu kommen, müssen wir davon überzeugt sein, dass es auch was bringt. Das alleine ist unsere Motivation. Wir tun nur das, von dem wir glauben, es auch tun zu können. Ansonsten werden wir es direkt sein lassen und in Situationen verharren, die uns vielleicht nicht guttun.
Man sagt nicht umsonst: Wenn ich etwas wirklich, wirklich will und wenn ich daran glaube, dann schaffe ich das auch. Willensstärke und der Glaube an uns selbst kann Berge versetzen!
In der Psychologie spricht man hier von Selbstwirksamkeit, also ich selbst kann etwas bewirken. Der kanadische Psychologe Albert Bandura definierte sie als die subjektive Gewissheit, neue oder schwierige Anforderungen bewältigen zu können.
Aber was genau ist Selbstwirksamkeit?
Selbstwirksamkeit bedeutet, darauf zu vertrauen, eine Handlung erfolgreich ausführen zu können. Um aber zu verstehen wie Selbstwirksamkeit in unser Selbstbild allgemein passt, habe ich eine tolle Darstellung* gefunden, die das richtig gut verdeutlicht:
Die Basis bildet die Selbsterkenntnis – also Selbstbeobachtung und Achtsamkeit oder das bewusst werden wer wir eigentlich sind, was wir denken und fühlen. Das fällt vielen von uns schon ordentlich schwer und bedarf Reflexion in Stille. Also Zeit mit sich selbst.
Darauf aufbauend, kommt die Selbstakzeptanz, mit der wir unsere Emotionen, Bedürfnisse und Gedanken annehmen, wie sie sind. Das ist oft auch ein schwerer Schritt, denn der innere Kritiker hat ja doch meist die Oberhand. Auf gleicher Ebene steht die Selbstliebe, denn sie ist die Selbstakzeptanz – mit dem Unterschied, dass wir uns nicht so annehmen wie wir sind – uns akzeptieren, sondern uns auch noch gut finden. (Wem das nicht so leichtfällt, dem können positive Affirmationen helfen;-))
Wenn wir uns selbst akzeptieren und auch wirklich lieben, können wir im nächsten Schritt auch Vertrauen in uns Selbst haben. Der Glaube, an unsere eigenen Fähigkeiten. An uns Selbst. Und hier schließt nahtlos die Selbstsicherheit an: denn diese ist die Spiegelung unseres Selbstvertrauens in die Außenwelt. Wir verteidigen unsere Fähigkeiten gegenüber anderen und stellen uns damit auch Kritik und Konflikten.
Die Spitze bildet die Selbstwirksamkeit als aktiver Faktor, denn hier sind wir im Handeln – in Aktion. Wir glauben, dass wir etwas bewegen können. Und das gibt wiederum Selbstvertrauen und Selbstsicherheit. Genau so schließt sich auch der Kreis: positive Erfahrungen führen zu mehr Selbstvertrauen und damit dann auch zu mehr Selbstwirksamkeit.
Wir müssen also mehr positive Erfahrungen sammeln. Und das geht eben nur, wenn wir überhaupt ins Handeln kommen und die Dinge anpacken.
Wie ausgeprägt der Glaube daran ist, selbst etwas bewirken zu können, hängt von der Persönlichkeit und früheren Erfahrungen ab. Aber, good news: wir können Selbstwirksamkeit auch lernen. Also nicht alles, was wir aus der Kindheit mitschleifen, muss auch zwangsläufig so weitergehen.
Selbstwirksamkeit stärken
Selbstwirksamkeit und somit der Glaube an die eigenen Fähigkeiten ist gelernt. Durch Erfahrungen in der Kindheit aber auch immer wieder kehrende Erfahrungen stärken oder schwächen wir unsere Selbstwirksamkeit. Damit können wir das Ganze aber auch lernen und antrainieren.
Nach Bandura gibt es vier Faktoren aus denen Selbstwirksamkeit entsteht und wachsen kann:
- Eigene Erfahrungen und Erfolgserlebnisse
Der wichtigste Baustein der Selbstwirksamkeit ist die eigene Erfahrung. Alles, was wir bereits erlebt und schon geschafft, ein Ziel erreicht oder schwierige Situationen gemeistert haben, stärkt unser Selbstvertrauen und damit unsere Selbstwirksamkeit. Daher ist es wichtig zu sehen, was wir alles schon erreicht haben. Denn all das sind Erfolge – das haben nur WIR geschafft. Nicht die anderen. Nicht das Glück. Nur WIR. So werden wir auch künftig schwierigen Situationen nicht aus dem Weg gehen, sondern versuchen, sie zu lösen.
- Erfahrungen anderer Personen
Was andere können, können wir auch. Daher ist Beobachten von Anderen als Orientierung durchaus eine Möglichkeit, die Selbstwirksamkeit zu stärken. Schauen, was Vorbilder wie umsetzen um zum Erfolg zu kommen beweisen, dass vieles manchmal auch ohne großes Drama machbar ist. Das kann motivieren, uns inspirieren und auch helfen unsere Einstellungen nochmal zu überdenken.
- Ermutigung durch andere
Die Unterstützung unserer Lieben ist wichtiger für unsere Selbstwirksamkeit als wir es für möglich halten. Denn Zuspruch von Menschen, die uns wichtig sind, ein „Ich glaube fest daran, dass du das schaffst!“ gibt uns Optimismus und die Power die wir brauchen, um loszugehen. Es aktiviert unser Urvertrauen.
- Körperliche Zustände
Wie wir uns in Situationen fühlen, ist ein wichtiger Punkt für die Selbstwirksamkeit. Fühlen wir uns gestresst oder unwohl, wird sich das auf die Einstellung übertragen. Positive Gefühle wie Euphorie stärken dagegen das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Wichtig ist jedoch auch der Umgang mit negativen Emotionen wie Stress. Durch achtsames Beobachten werden wir uns dessen bewusst und können aktiv den Stress durch diverse Methoden versuchen zu reduzieren. So stärken wir wieder unseren Glauben an uns Selbst, denn wir haben es in der Hand – und haben es aktiv gelöst. Somit kann auch das wieder zu positiven Gefühlen führen.
Wir haben es in der Hand
Wir haben sehr wohl Einfluss auf unsere Umwelt und sind negativen Umständen nicht hilflos ausgeliefert. Durch eine stabile Selbstwirksamkeit können wir etwas bewirken – seien die kleinen oder auch mal große Dinge des Lebens. Wir werden positiver und gehen voller Elan und Optimismus durchs Leben.
Wenn wir überzeugt sind, dass wir unser Leben nach den eigenen Vorstellungen gestalten können, beeinflusst das unsere Leistung erheblich. Wir geben nicht mehr so schnell auf und haben auch weniger Ängste vor allem was auf uns zukommen könnte. Wir setzen uns anspruchsvollere Ziele und vor allem: Selbstwirksamkeit gibt uns die Freiheit, unser Ding zu machen und das Leben in die eigene Hand zu nehmen.
Nur, weil wir in der Vergangenheit bestimmte Erfahrungen gemacht haben, muss sich das nicht durch unser komplettes Leben und unsere Einstellungen zum Leben ziehen. Wenn wir als Kinder gelernt haben, dass es nichts bringt zu rebellieren, da sich nichts ändert, heißt das nicht, dass es heute noch immer so ist. Wir sind keine Kinder mehr. Wir können sehr wohl lernen, den Mund aufzumachen – und werden sehen, dass es durchaus etwas bringt. Zu seinen Bedürfnissen stehen. Seine Bedenken äußern. Und damit raus aus der vermeintlichen Opferrolle und rein in die Aktion.
„Ran da“, wie eine liebe Freundin immer so schön sagt;-)
* Quelle: Ein guter Plan
Foto: Sidney Rae via Unsplash
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